Unsere Emsradtour beginnt mit einem Mißgeschick nach der Bahnfahrt vom Hammer zum Münsteraner Hauptbahnhof. Aussteigen sollte ja nicht so schwer sein. Fahrradtaschen heraustragen und Fahrräder aus dem Wagen schieben. Vier Taschen und ein Fahrrad samt Fahrerin schaffen das. Doch anstatt mit dem zweiten Fahrrad den Wagen zu verlassen, schwebt Walter mit Fahrrad plötzlich am Fenster an mir vorbei und weg. Er muss dann wohl bis Greven fahren und von da den nächsten Zug zurück nehmen.
Ich soll schon mal per Aufzug runterfahren, zu Backwerk gehen und da auf ihn warten. Irgendwie schaffe ich das sogar und gelange schleppend und schiebend in die schöne Bahnhofshalle. Ob das nicht ein bisschen viel Gepäck für mich alleine ist, meint noch ein netter Herr, der zu seinem Gleis hastet. Schon klar, alles in Ordnung. Ich schaffe es tatsächlich um die Ecke zu einer Bank vor Backwerk und nach all dem mühsamen Geschaffe dauert es gar nicht lange, bis Walter ankommt. Jetzt aber erst mal Proviant für die Etappe nach Rheine besorgen.
Einige Börekstangen mit Spinat und Laugenbrötchen ins Gepäck und ab geht’s endlich auf die Räder. Wär schön, wenn wir Rheine vor dem Regen erreichen, der ist nämlich für heute angekündigt. Zügig verlassen wir die Stadt Münster über Zentrum Nord und müssen noch einige Kilometer radeln, bis wir endlich beim Bockholter Berge die Ems erreichen. Da sind wir schon fast in Greven. Das Städtchen tangieren wir nur und erreichen die Ems dann wieder beim Naturschutzgebiet mit „Kunst am Deich“.
Diesen schönen Deichweg fahren wir ein Stück weit, verlassen aber die Ems, fahren durch Felder und ein paar Kilometer weiter befinden wir uns in einem Wäldchen beim Wentruper Berge. Plötzlich finden wir einen wunderbar schattigen Picknickplatz mit Bank und Tisch. Da machen wir es uns doch gemütlich, packen unsere Böreks und Trinkflaschen aus und machen ein feines Päuschen.
Nicht zu lange, denn das Regengebiet droht uns immer noch, soll vom Westen heranziehen und irgendwann die nördlichen Gebiete erreichen. Deshalb satteln wir zügig die Räder, müssen aber nach kurzer Fahrt wieder anhalten, weil eine kleine Anlage mit historischen Gebäuden lockt. Das müssen wir uns doch ansehen und in die offenen Häuschen hineingehen. Auch das sorgfältig angelegte Gärtchen ist interessant, unsere Kräuter kannte man also schon.
„Das Freilichtmuseum Sachsenhof in Greven-Pentrup ist eine Rekonstruktion einer 1200 Jahre alten frühmittelalterlichen sächsischen Hofanlage mit Anbauversuchen von Kulturpflanzen und Ackerwildkräutern aus jener Zeit“, lesen wir bei Wikipedia. Weiter geht’s, Emsdetten ist der nächste Ort. Da fahren wir doch mal in die Altstadt, zum Markt und wundern uns über den mächtigen Morgentaubrunnen mit Kirche im Hintergrund.
Kurze Bankpause, dann aber zügig Emsdetten verlassen, Regen droht! Kurz nach dem Ort die Ems überqueren und dann ohne Ems weiter bis zur Bockholter Emsfähre, die verlassen am Ufer liegt, ein Übergang aus brückenlosen Zeiten. Inzwischen gibt’s Brücken zur Emsüberquerung, doch diese historische Verbindung wird gerne von Wanderern und Radfahrenden genutzt, lesen wir auf einer Infotafel. Schöner Ort in jedem Falle. Dann verlassen wir wieder die Ems und radeln durch das Naturschutzgebiet Emsaue.
Wir nähern uns dem Städtchen Rheine. Ein paar Meter entlang der Bahnlinie, die Ems überqueren, die hier schon richtig breit ist, und linksemsisch direkt die historische Altstadt und Fußgängerzone erreichen. Hier befindet sich auch unser Hotel Freye. Netter Empfang, Räder ebenerdig direkt am Eingang abstellen. Ohne Regen das Ziel erreicht, doch zum Abendessen bei „täglich“ direkt unten am Flussufer setzen wir uns vorsorglich unter einen Schirm. Es gibt vegane Pizza und Salatteller in Grün, Rot, Orange mit Bulgur.
Der Regen kam über Nacht, die Sonne scheint schon wieder an diesem Dienstag. Bestes Fahrradwetter. Nach gemütlichem Frühstück mit vegangewohnt reduziertem Angebot (Kaffee, Brötchen, Becel, Marmelade) können wir die Räder hinausschieben in die Fußgängerzone, in aller Ruhe bepacken, Böreks bei Backwerk besorgen, zur Ems hinunter und gut zwei Kilometer bis zum Kloster Bentlage fahren. In dem weitläufigen Gelände mit mehreren Gebäuden schauen wir uns ein bisschen um.
Dann schließen wir noch einen Kurztrip an zum „NSG Wald Gruenlandkomplex bei Schloss Bentlage“. In der Nähe der Saline gibt’s ein transparentes Häuschen mit großer Aufschrift „SALZ“, zwar geschlossen, doch wir sehen oder können uns vorstellen, wie in einer Pfanne Salz gesiedet wird. Dann verlassen wir das Gebiet und die Ems, tangieren den Ort Salzbergen und fahren nach Lingen direkt auf den historischen Marktplatz.
Ein großzügig angelegtes Bankensemble auf dem Marktplatz ist gerade richtig für unsere Picknickpause. Das Herforder Paar aus dem Hotel, das wir unterwegs schon zwei mal wieder getroffen haben, einschließlich Kurzschwätzchen zu den Vorteilen der E-Bikes auf diesen Touren und KinderEnkelBesuch auf dem Weg, ist auch schon da. Wir sitzen gerade richtig, um das schöne Lingener Rathaus Panorama und sogar zum richtigen Zeitpunkt, denn um Punkt 12 Uhr beginnt das Glockenspiel mit Figurentheater.
Dann wird’s auch schon wieder Zeit, bis zum heutigen Ziel Meppen haben wir noch etliche Kilometer zu strampeln. Wiesen, Felder, Wäldchen, Dorfsträßchen, weit und breit keine Ems, doch bei Geeste gibt’s einen kleinen Speichersee auf einer Anhöhe. Zu dem machen wir einen Abstecher, betrachten die Boote beim Yachtclub, radeln wieder herunter und finden eine Infotafel zum Ems Radweg. Und flugs weiter direkt in die Meppener Altstadt.
Unzählige Schirme in Blau und Gelb schweben hoch oben über den Gassen der Fußgängerzone. Auf den Marktplatz können wir direkt im Hotel „Schmidt am Markt“ einchecken und Fahrräder im etwas zu kleinen Aufzug in den Keller hieven. Kurz chillen, dann aber los runter zur Hase, die mündet hier in Meppen in die Ems. Und direkt am Ufer dieser Hase gibt’s ein „täglich“ mit derselben Speisekarte wie „täglich“ in Rheine.
Ich stelle mir ein veganes Tellerchen zusammen mit Salat, gebratenen Zwiebeln, gebratenen Champignons und Pommes mit veganer Mayo. Walter nimmt veganen Burger. Wir sind hochzufrieden. Zurück auf dem Marktplatz gibt’s noch zwei Eis in der Waffel, Mango und Minze, geschleckt im blauweiß gestreiften Strandkorb beim kleinen Markttheater der quirligen Kinder an den Wasserspielen. Blitzschnell durch das Wasser laufen ohne nass werden heißt das Motto.
Vorletzte Etappe unserer Emstour, heute geht’s nach Papenburg. Gemütlich frühstücken, wenngleich auch hier mit gewohnt reduziertem veganen Angebot (verschiedene Brötchen, Becel, Marmelade), Fahrräder durch den Aufzug vom Keller auf den Marktplatz hieven, Packtaschen befestigen und um Proviant kümmern. Feine Brötchen, Laugenstangen und Mandelhörnchen gibt’s bei Bäckerei Ganseforth am Markt. Dann nix wie los runter zum Emsradweg. Der führt uns zunächst an den Dortmund-Ems-Kanal.
Der fließt hier mit der Ems zusammen und ein paar Meter weiter erreichen wir die Stelle, wo die Hase in die Ems mündet, schönes Ensemble der drei Gewässer hier in Meppen. Im Wechsel entlang des Kanals und der Ems geht der Radweg richtig schön weiter. Idyllische Orte zum fotografieren in Wäldchen und am Gewässer. So eine Stelle finden wir auch für unser viertes Picknick aus der Fahrradtasche, in der wir noch Avocado und einen Rest Vrischkäse von zu Hause finden. Messer zum Brötchen schneiden haben wir übrigens auch dabei.
Weiter geht’s auf schönen Radwegen im Wechsel zwischen Ems und Dortmund-Ems-Kanal, bis wir dann schneller als erwartet Papenburg erreichen, größer und mehr Verkehr als in den Städtchen Emsdetten, Rheine, Lingen, Meppen. Dafür liegt unser „Hotel am Stadtpark“ schön im Grünen und nicht weit entfernt vom Hauptkanal, an dem sich weitgehend das Papenburger Leben abspielt.
Hier befinden sich schöne Läden und Gastronomie. Auf der Terrasse von „AsiaBuddy“ kehren wir ein und bekommen vegane Sushi, Sommerrollen und Curry mit Reis. Nach dem Essen bummeln wir noch entlang des Gewässers eine Seite hin bis zum Rathaus und Museumsschiff „Friederike von Papenburg“, eine Seite zurück bis zum Ensemble der alten Werft mit historischen Gebäuden zwischen alter Kesselschmiede und Zeitspeicher.
Letzte Etappe. Heute geht’s zum Fährhafen in Emden, wo wir die 14 Uhr Fähre nach Borkum erreichen wollen. Das heißt zeitig loskommen und zügig auf der kürzesten Strecke radeln, möglichst ohne Regen, denn der ist heute auch schon wieder vorausgesagt. Frühstück im Hotel am Stadtpark: Extrem vegan reduziert mit weißen Brötchen und Marmelade in Plastik. Ansonsten war alles okay, die Menschen an der Rezeption supernett und die Fahrräder sicher im Schuppen untergebracht, jetzt bequem herausgeholt.
Proviant haben wir noch vom Bäcker am Markt in Meppen, sodass wir gleich losradeln können, schön an der Ems entlang bis Leer, wo wir einen kurzen Schlenker durch die historische Altstadt machen. Nach Verlassen des schönen Städtchens bleiben wir auf dem Fahrradweg am rechten Emsufer parallel zur Straße mit wenig Autoverkehr. Das ist der kürzeste Weg zum Ziel. Am Schöpfwerk beim Sauteler Kanal finden wir einen schönen Picknickplatz mit Bank und Blick auf das Gewässer.
Wir bleiben am rechten Ufer von Ems und Deich mit weidenden Schafen und müssen vor der Oldersumer Schleuse doch noch die Regensachen auspacken, aber schon bald wieder ausziehen. Am Ende des Deiches kommen wir in das Emdener Hafengebiet. Wir verabschieden uns von den Schafen und kommen mit ausreichendem Zeitpuffer und bei strahlendem Sonnenschein am Fährhaus in Emden an.
Beim Ticketkauf ist schon ganz schön Betrieb, obwohl das Fährschiff noch gar nicht da. Es kommt aber in Sichtweite und legt ganz langsam an. Beim Ausladen ist doch einiges Interessante zu beobachten. Was da alles die Rampe herunterrollt: Fahrräder, PKW, LKW und große Anhänger mit allen möglichen Inhalten, zum Beispiel dem Müll von Borkum. Fasziniert beobachte ich, mit welchem Geschick Traktorfahrer rückwärts die Rampe hochsausen.
Anhänger für Anhänger holen sie aus dem Schiffbauch und ziehen sie auf das Festland. Irgendwann sind wir dann dran und können unsere Räder auf das Schiff schieben, einem Mitarbeiter übergeben, Treppen hoch auf das oberste Deck steigen und einen Platz an der Sonne finden. Pünktlich 14 Uhr legen wir ab. Die Überfahrt dauert gut zwei Stunden, hören wir per Durchsage. Wir sind gespannt auf die Insel Borkum.
Walters Track zur Etappe von Münster nach Rheine am 16. Mai 2022
Walters Track zur Etappe von Rheine nach Meppen am 17. Mai 2022
Walters Track zur Etappe von Meppen nach Papenburg am 18. Mai 2022
Walters Track zur Etappe von Papenburg nach Emden am 19. Mai 2022
Hier geht’s nach Borkum