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Walter Jens und die literarischen Geheimberichte im Vormärz

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1977-WalterJensGeleitwort

Wenn ich an Walter Jens denke, fällt mir sofort sein Geleitwort zu „Literarische Geheimberichte – Protokolle der Metternich-Agenten Band I – 1840 – 1843“ aus dem Jahre 1977 ein, vor allem der Inhalt der drei letzten Abschnitte:

Der Adressat, dem die Berichte der von ihm geschaffenen polizeilichen Nachrichtenstelle galten: Das ist die eine Hauptfigur, die der Leser bei der Lektüre hinzudenken sollte – Klemens Wenzel Fürst von Metternich. Er, der Kanzler, ist in jeder Zeile dieser Aufzeichnungen präsent – das unterscheidet ihn von seinen Gegenspielern, den eigentlichen – den unsichtbaren, der Imagination des Lesers bedüftigen – Protagonisten der Konfidenten-Berichte: den Opfern. Den Gefolterten, Gequälten und zum Wahnsinn Getriebenen. Den Männern vom Schlage des Pfarrer Weidig, ihr Schicksal muß man sich vor Augen halten, um die Wahrheit, die schauerliche Realität zu erkennen, die sich hinter diesen, aus der Metternich-Perspektive gelassen, ja amüsiert zu lesenden Nachrichten verbirgt.
Märtyrien à la Weidig: Ein feuchtes Kellerloch, ein stinkender nicht zu verschließender Kübel, kein Briefverkehr mit der Außenwelt, kein Schreibzeug, kein Licht, keine Möglichkeit, die eigene Frau wenigstens durchs Fenster sehen zu dürfen; kein warmes Bettzeug, keine ärztliche Hilfe. „Da mir der Feind jede Verteidigung versagt“, schrieb Weidig, nachdem er sich die Halsader durchschnitten hatte, mit seinem Blut an die Wand, „so wähle ich einen schimpflichen Tod von freien Stücken.“ Am 23. Februar 1837, morgens um acht, fand man den Gefangenen „mit einem Schlafwämmschen und Blut beflecktem Hemde bekleidet“ – und ließ ihn liegen, obwohl er noch atmete.
Zweierlei also ist hinzuzudenken bei der Lektüre dieser Berichte: der Leser in Wien und die Opfer seines Regiments. Der Kanzler und die in den Arresthäusern zu Tode Geprügelten, in geheimen Strafprozessen Verurteilten, den Inquisitions-Praktiken der Metternich-Aera Ausgelieferten – die Akteure, deren Verurteilung der alte Machinist in der Loge und seine erlauchten Kombattanten, die auf Unterdrückung bürgerlicher Freiheiten bedachten Feudalherrn, verlangten.

Danke für diese Zeilen, Walter Jens.

R.I.P.

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