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Lebensmenschen

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Sicherlich haben die Kuratoren sich was dabei gedacht, als sie das 1901/02 entstandene Bild „Helene im spanischen Kostüm“ gleich am Anfang der Ausstellung „Lebensmenschen. Alexey Jawlensky und Marianne Werefkin“ im Kunsthaus des Lenbachhauses platzierten. Helene war 16 Jahre alt, sechs Jahre zuvor mit der russischen Malerin Marianne von Werefkin als deren Dienstmädchen nach München gekommen und, als das Bild entstand, schwanger. Mit dabei war Alexey von Jawlensky, Mariannes Malschüler und wohl auch Geliebter, sie um die vierzig, er vier Jahre jünger.

Sie wohnten zusammen in einer geräumigen Wohnung in der Giselastraße, die sie sich aufgrund von Mariannes großzügiger Rente aus Russland leisten konnten. Nach München gekommen waren sie, weil sich hier angesagte Künstler trafen, austauschten und miteinander feierten, auch in Mariannes Salon, denn sie und Jawlensky gehörten schon bald dazu. In der Giselastraße begegneten sie dem ausdrucksstarken Tänzer Alexander Sacharoff, den beide malten, sowie Gabriele Münter und Wassily Kandinsky, einem Künstlerpaar, mit dem zusammen sie im Sommer 1908 in Murnau am Staffelsee zur farbstarken expressiven Malweise fanden. Gabriele Münters Bild „Jawlensky und Werefkin“ entstand in diesem Murnauer Kunstsommer, dem Ausstellungen und Publikation der Künstlergruppe „Der blaue Reiter“ folgten.

Der Ausbruch des 1. Weltkrieges 1914 brachte eine Wende in die hoffnungsvolle Laufbahn vieler Expressionisten. Einige blieben auf dem Schlachtfeld, wie Franz Marc und August Macke, andere hörten auf zu malen oder emigrierten. Werefkin und Jawlensky, inzwischen zu viert, mussten München verlassen, zogen nach Wegfall von Werefkins Rente mit knappen finanziellen Mitteln in die Schweiz, arbeiteten in Ascona weiter und zählen heute zur Avantgarde des Expressionismus, deren beeindruckendes Werk die Besucher der Ausstellung in München und danach in Wiesbaden facettenreich erleben dürfen. In der Architektur des schlauchartigen Raumes im Kunstbau erscheint die Galerie von Jawlenskys Köpfen schier endlos bis hin zu den abstrakt mystischen Gesichtern und wegen rheumatischer Erkrankung mühsam entstandenen letzten Werke.

Das Jahr 1921 brachte nach fast 30 Jahren Zusammenleben und -arbeit die Trennung des Paares, geschuldet wohl auch den Verwicklungen mit Helene, dem Kind und Jawlensky, der nämlich der Vater war. Jawlensky ging nach Wiesbaden und heiratete Helene. Marianne blieb bis zu ihrem Lebensende in Ascona und schuf Bilder, die mich betroffen machen, weil ich beim Betrachten ihren Schmerz und ihre Einsamkeit fühle und mir gleichzeitig angesichts der Ausdrucksstärke der Atem stockt, wie beim im Jahr der Trennung entstandenen Bild „Der KreuzwegII“.

Kunstbau beim Lenbachhaus in München am 1. Februar 2020

Kandinsky und Münter im Lenbachhaus

Gabriele Münter im Ludwig

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