Das Motto passt in diesem Jahr, wie es besser nicht sein könnte. Bis Sonntag Nachmittag mussten Veranstalter, Beteiligte und Besucher angesichts eines angekündigten Sturmtiefs bangen, ob der Kölner Rosenmontagszug überhaupt stattfinden könnte. Die Zugleitung um Christoph Kuckelkorn hatte eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen und handelte getreu dem Motto „Mer stelle alles op der Kopp“: Der Kölner Rosenmontagszug 2016 findet statt. Wenngleich mit einigen der Sicherheit geschuldeten Einschränkungen. So werden keine Pferde und sehr hohe Wagen dabei sein und an der gesamten Zugstrecke werden Tribünen und andere Aufbauten auf Sturmfestigkeit überprüft. Alles okay. So machen wir uns von Hamm aus auf den Weg, Regenponcho und Schirm im Rucksack. Kurz nach 10 Uhr verlassen wir den Kölner Hauptbahnhof und können es nicht glauben. Der Wind hält sich in Grenzen und die zwei Domtürme ragen in einen blauen Himmel. Der Herrgott muss ’ne Kölsche sing, hören wir einen sagen. Ja klar, und wie kommen wir jetzt am schnellsten zum Zug? Schließlich ist er ja schon unterwegs vom Severinstor zum Waidmarkt und müsste bald die Hohe Pforte erreicht haben, von wo er in die Schildergasse einbiegt. Also nix wie zur Schildergasse. Zusammen mit anderen Jecken streben wir durch die Hohe Straße und stehen bald direkt hinter einem rotweißen Absperrband. Polizei ist auch schon da. Ein moosgrün geschminkter Scherzbold nutzt die Zuschauerkulisse und führt ein kleines Tänzchen mit Rasselbegleitung vor. Doch alle warten auf das erlösende Schild mit der Aufschrift „D’r Zoch kütt“.
Und endlich beginnt der bunte Reigen mit Pauken, Flöten, Glockenspiel und Trömmelchen. Das hab ich doch schon die ganze Zeit im Kopf. „Denn wenn es Trömmelche jeht“, da stehen wir doch alle parat und trecken durch die Stadt und singen alle mit. Eine ganze Weile lassen wir noch die roten und blauen Funken und die Altstätter an uns vorbeiziehen, sammeln Kamelle und Strüßjer und trecken weiter zum Hahnentor, wo wir uns mit ein paar Leuten treffen. Da zieht gerade die Oper an uns vorbei. Weil die nämlich kein Opernhaus kriegt, wandert sie von Haus zu Haus und spielt Oper, mal bei Müller, mal bei Schmitz, mal anderswo im Wohnzimmer. Und wir wandern auch weiter über den Hohenzollernring. Cappuccinotime. Bei Starbucks am Friesenplatz können wir in Ruhe ein halbes Stündchen sitzen, vor uns hin träumen und surfen, bis wir dann parallel zum Umzug in der Magnusstraße die Friesenstraße entlang gehen und plötzlich den Anfang des Zuges wieder entdecken. Ach ja, die ersten sind ja schon bald am Ziel in der Komödienstraße.
Die Gereonstraße führt direkt an die Ecke Unter Sachsenhausen, wo wir die wandernde Oper wieder sehen, eine melancholische Frau Merkel mit Europafähnchen in der Hand, den Dom mit Kran auf die rechte Rheinseite gehievt nach dem Motto „Schäl Sick ist schick“ und die weinende Colonia mit Sehstörung. Nun, was hat sie denn wohl nicht gesehen? Wir überlegen und denken uns, es könnte ihr wohl der Horror der Silvesternacht rund um Hauptbahnhof und Dom nachhängen, ein Geschehen, das dem Image von Colonia schlimme Kratzer zugefügt hat. Umso schöner, dass das diesjährige Motto auf keinen Fall ein „Driss Motto“ ist, wie einige Wagen uns weismachen wollen, wenn das Funkemariechen sich ihren Tänzer und der Reiter sein Pferd auf den Kopf hievt.
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Liege ich mit der Beobachtung richtig, dass früher zum Rosenmontag politisch brisantere Themen frech karikiert wurden?
Mag schon sein. Mir war das aber nicht wichtig. Ich hab mich über jeden Beitrag gefreut und vor allem über die gute Stimmung.